Die Geschichte der Brille - was es früher so alles gab.


Der Lesestein
Diese Idee wurde etwa 1240 von westeuropäischen Mönchen aufgegriffen. Aus Quarz oder Bergkristall fertigten sie den ersten Lesestein... Ein weiteres Rohmaterial für diese Lesehilfe war der Halbedelstein Beryll - von diesen geschliffenen Linsen leitet sich unser heutiges Wort „Brille“ ab. Eine zum Lesen geschliffene Linse war ein„Brill“. Das Prinzip der Vergrößerung durch Linsen wurde von Roger Bacon (1214-1294) verbessert und wissenschaftlich untersucht.



Die Nietbrille
Die Handhabung der Lesesteine wurde gegen Ende des 13. Jahrhunderts verbessert, die Linsen wurden kleiner und flacher geschliffen, in einen Rahmen gesetzt und mit einem Stiel direkt ans Auge gehalten. Auf diese Weise war das Sehfeld größer und das Lesen einfacher. Die Nietbrille hatte einen Rahmen aus Eisen, Holz oder Horn. Die beiden einzeln gefassten Gläser wurden an dem Rahmen zusammen genietet. Nun konnte alles mit neuer Schärfe betrachtet werden. Jede einzelne Brille war eine kleine Kostbarkeit, die sich nur Reiche und Gelehrte leisten konnten. So assoziiert man noch heute das Tragen einer Brille mit Gelehrsamkeit...



Die Bügelbrille
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden Rahmen aus Metall, Holz, Leder, Knochen oder Horn entwickelt, in welchem beide Gläser durch einen Bügel verbunden waren. Diese Konstruktion war nicht nur stabiler, sie konnte auch in Farbe und Form besser variiert werden... Die Bügel wurden nun so gestaltet, dass man die Brille durch ein eingeschlitztes Lederstück am Bügel auf die Nasenwurzel setzen konnte - so hatte der Lesende die Hände frei. Um die Brille vor dem Herunterfallen zu sichern, gab es die am Bügel befestigte Kette. Eine Beschädigung der Gläser wurde nicht nur sehr teuer, sie hatte auch lange Wartezeiten auf Ersatz zur Folge. Mit der Erfindung des Buchdrucks (1445) und der Produktion von Schriftwerken erhöhte sich auch der Bedarf an Lesehilfen. Eine weitere grundlegende Veränderung (15. Jahrhundert) stellte die Herstellung der konkaven Linsen gegen die Kurzsichtigkeit dar. Bisher kannte man nur konvex geschliffenen Gläser gegen die Altersweitsicht.



Die Mützenbrille
Hier wurden die Gläser mittels einfacher Konstruktion an der Mütze befestigt. So blieben die Hände frei, die Gefahr des Herunterfallens war gebannt und es bildeten sich auch bei häufigem Gebrauch keine Abdrücke auf der Nase. Dieses auch „Stirnfortsatzbrille“ genannte Konstrukt erfreute eher die Damen, da sie ihre Kopfbedeckungen auch im Hause trugen und sie beim Grüßen nicht anheben mussten.



Das Monokel
eine Weiterführung des Lesesteins, in einer flach geschliffenen Version. Die Linse wurde erst nur vor das Auge gehalten, ab dem 16. Jahrhundert jedoch wurde es Mode, sie zwischen Wange und Oberlied einzuklemmen. Um 1800 war das Monokel weitaus mehr als eine Sehhilfe - die unscheinbare Scheibe wurde zu einem wichtigen Accessoire für den Herren, zu einem Sinnbild für Weltgewandtheit und Bildung, auch in der bürgerlichen Mittelschicht. Wie ein guter Hut oder teure Handschuhe trug der „Dandy“ das Monokel nicht nur um zu sehen, sondern auch, um damit gesehen zu werden - selbst wenn sich eine typische Monokelfalte unter dem Auge bildete. Wenn die kleine Linse an ihrer Sicherungskette nicht gebraucht wurde, fand sie bequem in der Westentasche Platz. Variationen gab es mit Reifen, Gelenken, Bügeln und Fäden.



Die Stirnreifenbrille
machte das Tragen einer Mütze unnütz. Die erste Version der Stirnstreifenbrille aus dem 16. Jahrhundert bestand nur aus einem kompletten Metallreifen, der um den Kopf gelegt wurde. Die zweite Version bediente sich der Ohren, die Jedermann immer bei sich trug und keiner Modeerscheinung unterworfen war... Auch bei uns wird sie noch heute bei bettlägerischen Patienten im Krankenhaus verwendet.



Der Zwickel
hatte vom 17. bis zum 19. Jahrhundert seine Blütezeit. Die zart eingefaßten Gläser wurden mit einem metallenen Federbügel verbunden. Später wurden sie noch um Lederpolster erweitert, um den Druck auf den Nasenrücken zu minimieren. Diese Polster konnten ausgetauscht werden, waren sie erst einmal abgenutzt. So konnte man den Zwicker bequem auf die Nase setzen. Die Nürnberger Drahtbrille, der sog. „Nasenquetscher“, war in ganz Europa beliebt.



Die Fadenbrille
Der starke Druck auf die Nase erwies sich jedoch als großer Nachteil, so stellte die Pindtbrille (von „binden“) eine Alternative dar. Sie wurde mit einem Faden um die Ohren befestigt, oder am Hinterkopf verknotet. Erstmalig ohne Druck auf der Nase und trotzdem sicherer Halt bei freien Händen Auf diese Idee kam man Ende des 16. Jahrhunderts. Diese haben ihren Ursprung vermutlich in Spanien. Spanische Missionare exportierten die Fadenbrille möglicherweise nach Asien, dort wird sie auch noch heute getragen.



Das Lorgnon
findet noch heute mit einem Stiel zum Vorhalten Verwendung. Ursprung war die umgekehrt gehaltene Nietbrille. Im 18. Jahrhundert eroberte das Lorgnon den deutschsprachigen Raum. Das zusammenlegbare Lorgnon, beide Brillengläser wurden zusammengelegt und bei Bedarf mittels einer Feder geöffnet, war eine weitere Erfindung. Das Lorgnon wurde meist von Damen benutzt - wir kennen noch heute wertvolle, verzierte Variationen.



Die Ohrenbrille
Erst 1797 „entdeckte“ der Optiker Dudley Adams die Ohren als Halterung. So endlich entstand die Brille, wie wir sie heute kennen. Die „Schläfenbrille“ wurde mittels seitlichen Stangen, die auf den Ohren auflagen, an den Gläsern befestigt. Das verursachte aber bei lagem Tragen Kopfschmerzen. Zusammen mit den vom Zwicker her bekannten Bügeln und Nasenpolstern hatten die Brillen jetzt alle Vorteile. Einen hohen Tragekomfort, keine Einschränkung der Atmung, Freiheit für die Hände und auch eine praktische Größe, dank der kleinen Scharniere. Die Entwicklung einer Brille, wie wir sie heute kennen, benötigte immerhin um die 500 Jahre Um den Tragekomfort zu steigern, entwickelte man immer besser konstruierte Bügel und angenehmere Nasenauflagen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden immer wieder neue Werkstoffe gefunden - Gläser aus Kunststoff minimierten das Brillengewicht. Mit dem Leichtmetall Titan können heute Brillen unter 15 Gramm hergestellt werden Die Entwicklung geht immer weiter... Heute geht es um die Verwendung moderner Werkstoffe (z.B. bei Kunststoffgläsern) oder Leichtmetall für Rahmen, die teilweise ganz verschwunden sind. Brillen sind neben praktischen Sehhilfen längst auch aktuelle Modeartikel geworden, exklusive Designer haben sich ihrer ebenso angenommen wie Sportartikelhersteller für Spezialbrillen.